Das frühere Masuren gibt es nicht mehr, aber Masuren leben und denken an die Zukunft. Davon zeugt das Beispiel der Gesellschaft "Heimat" in Ortelsburg, die gerade ihr 20-jähriges Bestehen feiert.
Die Jubiläumsfeierlichkeiten fanden am 13. und 14. Juli statt. Am ersten Tag wurde im Masurischen Museum eine photographische Ausstellung eröffnet, die das frühere Ortelsburg zeigt. Auf einigen Dutzend großen Photographien ist zu sehen, wie die Stadt aussah, bevor der Krieg über sie hinwegfegte. Die Ausstellung bereitete das Museum vor, aber die Photographien lieferten die Gesellschaft "Heimat" und die Kreisgemeinschaft Ortelsburg in Deutschland.
Am zweiten Tag fand ein feierliches Treffen statt. Daran nahmen unter anderem Jarosław Matłach, der Landrat des Kreises Szczytno, Dieter Chilla, der Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Ortelsburg in Deutschland, Pfarrer Witold Twardzik, der Probst der lutheranischen Gemeinde in Passenheim, Vertreter der Gesellschaft der Freunde des Gebietes von Vilnius und Nowogródek, Vertreter der deutschen Gesellschaften in Bischofsburg, Heilsberg, Johannisburg und Mohrungen, eine große Anzahl Mitglieder von "Heimat" und ehemaliger Bewohner aus Deutschland, darunter der in Groß Piwnitz geborene Schriftsteller Herbert Somplatzki mit seiner Frau, der in seinen Büchern das südliche Masuren beschreibt, teil.
Wir lebten im Rücken der Geschichte, zitierte Pfarrer Witold Twardzik aus Passenheim einen anderen masurischen Schriftsteller, den in Lyck geborenen Siegfried Lenz. Zur Geschichte kann man nichts mehr hinzufügen. Ich wünsche mir, dass unsere Gesellschaft den hier lebenden Menschen den Reichtum dieser Erde und ihre multiethnische Tradition zeigen kann, fügte der Pfarrer hinzu. Auf diese Multikulturalität lenkte auch Landrat Jarosław Matłach die Aufmerksamkeit.
Es ist gut, dass wir in Zeiten der Toleranz leben und Freundschaft über Grenzen hinweg bauen können, betonte er.
Dieter Chilla hingegen unterstrich die positiven Veränderungen, die im Aussehen von Stadt und Kreis Ortelsburg aufgetreten sind.
Wir haben ein Ziel: gemeinsam die masurische Heimat zeigen, versicherte er mit Blick auf die Kreisgemeinschaft, die Gesellschaft "Heimat" und die lokalen Vertreter.
Es gibt keinen Geburtstag ohne Blumen und Wünsche, und so war es auch dieses Mal. Zuerst überreichte der Vorsitzende der Ortelsburger Organisation Arkadiusz Leska seinem Vorgänger Edmund Kuciński Blumen und dankte ihm für die jahrelange Arbeit, später nahm er selber Glückwünsche und Gratulationen unter anderem von befreundeten deutschen Gesellschaften aus der Region entgegen. Blumen und Gratulationen sammelte auch Helena Samsel, der gute Geist von "Heimat". Im künstlerischen Teil präsentierte sich der Chor "Warmia" aus Heilsberg, der Agata Graczyk und Iwona Buraczewska, zwei Laureatinnen des diesjährigen Festivals des deutschen Liedes in Osterode, mitbrachten. Auf der Szene traten auch andere Laureatinnen des Festivals auf, aber aus Lindenort im Kreis Ortelsburg: Monika Krzenzek und Jessica Bzdurek. Alle Mädchen sind Mitglieder der deutschen Gesellschaften.
lek (Lech Kryszałowicz)
Die Gesellschaft "Heimat" entstand am 14. Januar 1991. Seine Gründer waren Edmund Kuciński, Ewald Dzienian, Adelajda Radkowska und Frieda Szymańska. Erster Vorsitzender wurde Edmund Kuciński, sein Stellvertreter Ewald Dzienian. Im Vorstand waren auch Siegfried Leska (der Vater des derzeitigen Vorsitzenden) und Ruth Kubiczek. Die Gesellschaft hat kein eigenes Lokal. Zweimal wechselte sie ihren Sitz und nutzt im Moment Räume in einem Privathaus in der ulica Bartna Strona. Die Tätigkeit ihrer Mitglieder ist ehrenamtlich. Momentan gehören der Organisation 261 Personen an, in den besten Zeiten über 600. Alle sind aktiv, unterstreicht der Vorsitzende. "Heimat" setzt sich den Erhalt der deutschen Kultur und Identität sowie die Pflege der deutschen Sprache zum Ziel. Auf welche Weise?
Wir setzen auf die Jugend und Musikprojekte. Wir haben eine talentierte Jugend, Beweis dafür sind Monika Krzenzek und Jessica Bzdurek, und wir wollen musische Talente unterstützen, sagt Arkadiusz Leska. Aber nicht nur mit der Musik sind die Pläne dieser Organisation verbunden. Der Vorsitzende möchte in Ortelsburg eine jährliche regionale Spartakiade der deutschen Minderheit organisieren. Als Leiter des Städtischen Zentrums für Sport und Erholung hat er dazu sowohl die Fähigkeiten als auch die Möglichkeiten. Außerdem möchte "Heimat" eine Büste von Prinzessin Luise an dem Haus anbringen, in dem sie während der Flucht aus Berlin nach Königsberg vor den Truppen Napoleons 1807 übernachtete. Geplant ist auch gemeinsam mit dem Landratsamt die Herausgabe eines photographischen Albums als Effekt der Jubiläumsausstellung im Museum.
Ab September gibt es in Ortelsburg wieder Deutschkurse und das nicht nur für die Mitglieder unserer Organisation, erzählt der Vorsitzende.
Mitteilungsblatt der deutschen Minderheit in Ermland und Masuren 07/2012