Der Frauenburger Dom

Oberlandkanal

Marienburg

Drei Hochmeister des Deutschen Ritterordens






Christel Sender wagte mitzukämpfen!

Heimatreise der Kreisgemeinschaft Ortelsburg   vom 08.07.-17.07.2012

Am 08.07., einem Sonntag, ging die Reise mit 40 Teilnehmern los. Unser erstes Tagesziel war Stettin, das Hotel Raddison BLU. Nach einer interessanten Stadtrundfahrt durch Stettin, einer nach wie vor urdeutschen Stadt, beiderseits der Oder gelegen, erreichten wir unser Ziel.

Interessant war das Schloss auf dem Schlossberg, erbaut unter dem pommerschen Herzog Barnim III, genannt der Große, im Jahr 1543.

Im Schlosshof befindet sich eine Gedenktafel die darauf hinweist, dass hier in Stettin Katharina II., die Große, die spätere russische Zarin geboren wurde.

Am 09.07. setzten wir unsere Reise entlang der Ostseeküste durch die pommersche Landschaft nach Leba fort. Wir wurden bereits im Hotel Wodnik erwartet, wo wir vor dem gemeinsamen Abendessen von der Direktion herzlich begrüßt wurden.

Da das Hotel ganz in der Nähe des Ostseestrandes lag, konnte man nach dem Abendessen den Sonnenuntergang am Strand genießen.

Der nächste Tag war Ruhetag. Viele nutzten ihn zur Besichtigung der sehenswerten Wanderdünen. Die ganz Mutigen wanderten vom Busparkplatz in ca. 1,5 Std. zu Fuß zu den Dünen. Erst auf der Rückfahrt mit der Kleinbahn wurde ihnen bewusst, wie lang diese Strecke doch war. Diese Dünenlandschaft ist wirklich beeindruckend. Man kommt sich vor wie in einer Wüste. Da in Polen bereits Sommerferien waren, gab es entsprechend viele Familien die mit Kindern unterwegs waren. Für die Kinder war es ein besonderer Spaß die Dünen herunter zu rutschen. Ob bei uns in Deutschland dieses aus Umweltschutzgründen verboten gewesen wäre? Wir haben schon lange nicht mehr so viele junge Paare (keine Südländer) mit mindestens zwei Kindern gesehen. Auch hier ein ganz wesentlicher Unterschied zu Deutschland.

Hinter den Dünen haben wir dann am wunderschönen, weitläufigen Strand eine Ruhepause mit kleinem Picknick eingelegt.

Am Mittwoch, dem 11.07., setzten wir nach dem Frühstück über Lauenburg (Lebork), Neustadt (Wejherova), Gdingen (Gdyna), Zoppot (Sopot) unsere Reise nach Danzig fort. Nach der Zimmereinteilung im Hotel Mercure fand eine Führung durch die historische Altstadt statt.

Bei Erreichen der erst vor kurzem renovierten Johanneskirche wurden wir von einem kräftigen Gewitter überrascht, so dass wir uns ausgiebig Zeit zur Besichtigung ließen. Mit dem Bau der gotischen Johanniskirche wurde 1377 begonnen. In mehreren Zeitabschnitten wurde sie bis zu ihrem heutigen Aussehen vervollständigt. Nach der weitgehenden Zerstörung 1945 wurde sie zwar äußerlich renoviert, im Inneren ist sie aber bewusst eine Ruine geblieben. Sonntags werden hier heilige Messen in kaschubischer, deutscher und polnischer Sprache gehalten.

Auf dem Rückweg zu unserem Hotel begleitete uns unsere Führerin bis zur Marienkirche. Sie überließ uns wegen des geforderten Eintritts die Besichtigung. Bei früheren Besuchen war der Eintritt immer frei, jetzt nicht mehr.

Die Marienkirche ist Europas größte Backstein-Kirche. Unter ihrem Dach finden stehend bis zu 25.000 Menschen Platz. Der Kölner Dom zum Vergleich bietet nur 4000 Personen Sitzplätze. 150 Jahre, von 1343 bis 1502, wurde an der Kirche gebaut. Bis 1945 galt die Marienkirche als das größte evangelisch-lutherische Gotteshaus der Welt. Viele kostbare Sehenswürdigkeiten von der Gotik bis zur Gegenwart sind in dieser Kirche untergebracht. Darunter auch das Triptychon "Das Jüngste Gericht" aus der Werkstatt von Hans Memling aus Brügge. In dieser gewaltigen Kirche kommt man sich ganz klein vor und kommt aus dem Staunen über die immense Höhe ihres gekalkten Kirchenschiffes mit dem filigranen Netzgewölbes nicht heraus.

Am Abend, nach einem kleinen Stadtbummel durch die Altstadt, haben wir in einem netten Lokal unter vielen Studenten gut gegessen.

Am 12.07., nach einem ausgezeichneten Frühstück, ging die Fahrt weiter in Richtung Frauenburg (Frombork). Dort stand eine Fahrt per Schiff über das Frische Haff nach Kahlberg auf dem Programm. Vor der Schiffsfahrt legten wir eine Gedenkminute an dem Gedenkstein für die 450.000 Flüchtlinge ein, die 1945 über das Frische Haff vor den Russen flohen bzw. im Eis umgekommen sind.

Man fährt mit dem Schiff ca. 1,5 Stunden über das Haff und kann sich dabei gut vorstellen wie lange das Überqueren zu Fuß, bei Schnee, Eis und Kälte gedauert haben muss.

In Kahlberg angekommen wollten wir natürlich auch die offene Ostsee sehen. Dazu mussten wir über die Dünen um den Strand zu erreichen. Da die Zeit wegen der Rückfahrt des Schiffes drängte, reichte es nur zu einem kurzen Blick über einen total überfüllten Strand hinüber zur entfernt liegenden Ostsee. Was wir sahen war nicht gerade einladend. Auf dem Rückweg zum Schiff ging es an vielen Buden mit Andenken und sonstigem Kitsch vorbei. Für mich ein eher störender Anblick.

Auf der Rückfahrt über das Haff wurden wir wieder von einem heftigen ostpreußischen Gewitter mit entsprechenden Regengüssen überrascht, so dass wir alle, soweit Platz vorhanden war, unter Deck flüchteten.

In Frauenburg angekommen konnte man wahlweise den Frauenburger Dom besichtigen. Der Eintritt musste zwar bezahlt werden, aber man konnte auch von außen durch eine durchbrochene Eisentüre in das Innere des Doms schauen. Der gotische Dom wurde zwischen 1342 und 1388 errichtet. Er ist von Wehrmauern mit Türmen und einem großen Haupttor umgeben. Dieser Dom galt als das bedeutendste Werk der Kirchenbaukunst in Ostpreußen.

Berühmt war der Dom aber auch dadurch, dass Lukas Watzenrode, der Onkel von Nikolaus Kopernikus, hier Bischof war. Er holte seinen Neffen, nach dem Tode seines Vaters, in den Dienst der Kirche. Kopernikus lebte und forschte viele Jahre in Frauenburg und starb dort 1543. Er wurde in dem Dom beigesetzt.

Nach der Besichtigung des Domes ging die Fahrt über Elbing, Osterode und Allenstein weiter nach Ortelsburg. Dort wohnten wir in dem direkt am kleinen Haussee gelegenen Hotel Krystyna. Nach herzlicher Begrüßung und Zimmereinteilung ging es zum gemeinsamen, fröhlichen Abendessen.

Das Hotel Krystyna ist für die Kreisgemeinschaft Ortelsburg zum Stammhotel geworden. Hier kennt man sich, ob an der Rezeption oder im Restaurant. Das Personal spricht deutsch, ist höflich und sehr hilfsbereit.

Am Freitag dem 13.07. geht die Fahrt zum Oberlandkanal mit seinen einmaligen Rollbergen, über die das Schiff durch Wasserkraft an Seilen über Land gezogen wird. Dieses technische Wunderwerk wurde vor 100 Jahren von dem Ingenieur Steenke realisiert. Der Kanal verbindet Elbing mit Osterode. Die Schifffahrt über die gesamte Strecke dauert ca. sieben Stunden. Fünf Mal werden die Schiffe auf Schienen über die schiefen Ebenen transportiert und auf eine Höhe von insgesamt 100m befördert.

Trotz großer Enge auf dem eher kleinen Schiff ist diese Fahrt immer wieder ein Erlebnis. Diese großartige Erfindung stammt noch aus deutscher Zeit und diente ursprünglich dem Holztransport zur Ostsee.

Nach einer deftigen Suppe aus der bereits wartenden Busküche ging es weiter zur Marienburg. Sie liegt am Ufer der Nogat und ist nach wie vor die größte Burganlage Europas.

Diese grandiose Anlage, die Residenz des Deutschen Ritterordens und Sitzt der Hochmeister des Ordens von 1309 bis 1454 ist der größte Backsteinbau Europas und eine weiträumige Burganlage, die größtenteils aus roten Ziegeln erbaut wurde. Sie wurde in den Jahren 1270 bis 1300 errichtet und in mehreren späteren Abschnitten bis zu ihrer heutigen Form ausgebaut. Die mittelalterliche Burganlage lässt sich in drei große Baugruppen gliedern: das Vorschloss (auch Vorburg), das Mittelschloss und das Hochschloss. Diesen drei Bereichen waren unterschiedliche Aufgaben zugeordnet, die auch architektonisch äußerst unterschiedlich gestaltet wurden.

Die Marienburg ist trotz längerer Belagerungen nie erobert worden, allerdings wurde sie 1945 schwer beschädigt. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus über diese weitläufige, komplexe Wehranlage, die sich überwiegend selbst versorgt hat.

Eine sehr kompetente polnische Führerin hat uns in deutscher Sprache die wichtigsten Einzelheiten mit sehr großen geschichtlichen, unbeschönigten Kenntnissen erklärt.

Beeindruckt, siehe Foto, von den vielen Eindrücken fuhren wir zufrieden wieder nach Ortelsburg zurück.

Der Samstag 14.07. stand zur freien Verfügung, was einige zum Besuch ihrer ehemaligen Heimatorte nutzten.

Die Kreisgemeinschaft war jedoch um 12:00 Uhr vom Kulturverein der deutschen Minderheit "Heimat" in Ortelsburg zum 20-jährigen Jubiläum in die Aula des ehemaligen Hindenburg Gymnasiums eingeladen. Im Beisein des Landrates des Kreises Szczytno sowie mehreren Vorsitzenden der Deutschen Minderheiten aus anderen Kreisgebieten und der evangelischen Pfarrer Czembor (Ortelsburg) und Twardzik (Passenheim), begrüßte der neue Vorsitzende Arkadiusz Leska die Anwesenden. Es wurden mehrere Reden gehalten, u. a. auch von unserem Vorsitzenden Dieter Chilla. Seine Rede wurde von Darius Malinowski ins polnische übersetzt. Ein Chor der deutschen Minderheit, gekleidet in ostpreußischer Tracht, sang mehrere Lieder. Zwei junge Mädchen sangen deutsche Schlager.

Der ehemalige Vorsitzende Edmund Kucinski, der vor zwanzig Jahren den Kulturverein Heimat gegründet hatte, wurde für seine 20-jährige Vereins-Arbeit geehrt.

Ab 15:00 Uhr wurde zu einem gemeinsamen Kaffeetrinken ins Restaurant "Zacisce" am großen Haussee eingeladen. Die Teilnahme war enorm. Ich wusste gar nicht, dass der deutsche Verein so viele Mitglieder hat. Als besondere Attraktion traten Ritter in Kettenhemden mit Schild und Schwertern, Morgensternen und Äxten auf, die beeindruckend gegeneinander kämpften. Sie wurden mit viel Applaus bedacht, denn die Kämpfe sahen sehr gefährlich aus.

Am 15.07. war eine Fahrt über Passenheim nach Allenstein geplant. Einige, darunter auch meine Frau und ich, haben auf die Fahrt verzichtet und haben stattdessen die Heimatdörfer besucht. Dariusz Malinowski hat allen sowohl Fahrgelegenheiten wie auch Dolmetscher/innen organisiert, damit es bei diesen Besuchen zu keinen sprachlichen Problemen kam. Meine Frau und ich sind nach Kobulten und Moithienen gefahren, um unseren Familien-Friedhof aufzusuchen. Alles war, dank Ella Kostka, in bester Ordnung. Sie pflegt zusammen mit ihrem Mann diese Grabstätte. An einem Findling, den sich unser Vater noch ausgesucht hatte, wurde nach unseren Angaben eine Erinnerungstafel an unsere Eltern angebracht, die ja beide in fremder Erde begraben bzw. im Meer geblieben sind.

Anschließend hatten wir uns in Mensguth verabredet. Die dortige Kirchengemeinde hatte zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Zu unserer großen Überraschung durften wir anschließend ein Orgel- und Trompetenkonzert in der evangelischen Kirche miterleben. Herr Pfarrer Twardzik (Passenheim), der auch für die Kirchengemeinde in Mensguth zuständig ist, hatte dieses Konzert organisiert und zwei Professoren aus Warschau und Bromberg engagiert. Es wurden Stücke von Bach, Telemann und anderen deutschen und polnischen Komponisten hervorragend vorgetragen. Eine Gänsehaut jagte die andere. Ein beeindruckender, hervorragender Abschluss unserer Reise in die Heimat, in der alten renovierten evangelischen Kirche in Mensguth.

Am Montag dem 16.07. hieß es Abschied nehmen von Ortelsburg. Bevor wir jedoch unsere Heimreise antraten suchten wir das Gedenkkreuz auf dem alten ev. Friedhof auf, um einen Blumenstrauß zur Erinnerung an die vielen dort und im gesamten Kreis Ortelsburg ruhenden Landsleute niederzulegen. Danach ging es zunächst nach Thorn, der Geburtsstadt von Nikolaus Kopernikus. Hier hatten wir die Gelegenheit zur Besichtigung der an der Weichsel gelegenen gotischen Altstadt. Natürlich wurden die berühmten Kathrinchen (Lebkuchen) als Andenken an diese Stadt mitgenommen. Die Kreisgemeinschaft spendete auch welche zur allgemeinen Freude als Zugabe des gemeinsamen Picknick am Bus.

Weiter ging es über Gnesen, mit einem kurzen Aufenthalt zur Dombesichtigung, nach Swiebodzin (Schwiebus) zur Zwischenübernachtung ins Hotel SEN. Auch dieses Hotel wird von der Kreisgemeinschaft regelmäßig aufgesucht, da es auf halber Strecke liegt und komfortable Zimmer bietet.

Eine interessante Reise mit vielen neuen Eindrücken ging zu Ende. Viele neue Bekanntschaften wurden geschlossen. Wir waren eine harmonische Reisegesellschaft, obwohl sich die meisten vorher nicht kannten, mit einem sehr gut informierten und geschichtlich fundierten Reiseführer, Dieter Chilla, einem geschickten, sicheren Busfahrer, Johann Nischik, und seiner umsichtigen Ehefrau Alicia, die uns unterwegs bestens versorgte.

Für mich war es die zweite Reise mit der Kreisgemeinschaft Ortelsburg. Obwohl ich schon mehrmals in meiner alten Heimat Ostpreußen im Kreis Ortelsburg gewesen bin, so habe ich doch viel Neues kennen und lieben gelernt. Ich kann diese Reisen bestens empfehlen, vor allem den Personen, die Ostpreußen, und hier ganz speziell Masuren, noch nicht kennen, und bedanke mich ganz herzlich bei den Ausrichtern.

Herbert John